Die 7 unverwechselbaren Markenlehren des Jahres 2019

Interview mit Christopher Spall im Handelblatt / 30. Dezember 2019

Ein Gespräch über sieben Beispiele, an denen sich zeigen lässt, was 2019 herausragende Marken definiert hat. Lesen hier den gesamten Artikel im HB.

1. How dare you?! Greta zeigt die Formel für das Entstehen einer Bewegung.

Unternehmer fragen uns gelegentlich, wie sie ein Wir-Gefühl in der eigenen Organisation entfachen können. 2019 war ein Anschauungsbeispiel, wie das funktioniert. Dieses Jahr ist geprägt von der Bewegung „Fridays for Future“, die sich für eine konsequente Klimapolitik einsetzt. Rasend schnell hat die Bewegung Millionen Schüler weltweit mobilisiert. Fridays for Future ist in kürzester Zeit zur starken Marke geworden und dezentral auf der ganzen Welt vertreten.

Auch wenn Sie Greta vermutlich schon nicht mehr sehen können: Was können wir von der Bewegung lernen?

Jede Bewegung beginnt mit einer bewegenden Persönlichkeit (ähäm, SPD und CDU aufgepasst!). 

Doch ohne gemeinsamen Antrieb keine Bewegung. Der Antrieb, der alle Jugendlichen und inzwischen auch viele Erwachsene verbindet, ist ein einem Wort „Klimarettung“. Ohne diesen gemeinsamen Antrieb hätte auch die Bewegung nicht diese Kraft entfalten können. Fridays for Future zeigt so die Formel für das Entstehen einer dauerhaften Bewegung: Starke Persönlichkeit + gemeinsamer Antrieb = Bewegung

Und dann hat die Bewegung auch noch einen gemeinsamen Leitspruch bekommen, durch Gretas Wutrede vor den Vereinten Nationen: „How dare you“. „Wie könnt ihr?“. Nicht zu vergessen die Heldengeschichte mit dem Segelschiff. Die wochenlange Überfahrt nach New York mit dem Segelschiff wurde zum Weltereignis. Was sagt das eigentlich über uns aus? Wie auch immer.

Vermutlich gibt es keine Segelfahrt, die so genau beobachtet wurde seit der Entdeckung Amerikas durch Columbus. 

Heldengeschichten funktionieren, wenn sie glaubhaft sind. Sie finden, das ist ein Fake, weil Gretas Team mit dem Flugzeug angereist ist? Na gut. Tut aber der starken Marke Greta und der entfesselt wirkenden Bewegung keinen Abbruch. Die Marke Fridays for Future ist längst viel zu stark geworden, als dass solch ein kleineres Missgeschick den Ruf versaut. Doch wer zum Vorbild geworden ist wie Greta darf sich keine größeren Fehler erlauben. Das Time Magazine zeigt Greta mit wehendem Haar in Meeresklippen positioniert. Die messianische Darstellung erinnert ein wenig an einen Typen, der in ein paar Tagen seinen 2019ten Geburtstag feiert (lol). Selbstdarstellung auf einer sehr schmalen Klippe. Finden Sie nicht auch? https://time.com/person-of-the-year-2019-greta-thunberg/

PS: Die Fernsehmacher vom Satirischen Jahresrückblick des ZDF bringen dazu die Leitfrage des Jahres: „Wofür demonstriert Greta eigentlich samstags?“

2. 2019 legt offen, was der SPD zur starken Marke fehlt

Die SPD steht 2019 so schwach da wie nie zuvor. Die Wähler- und Mitgliederzahlen schwinden dahin. Um dem entgegenzusteuern und Einheit zu erzeugen wurden 23 Regionalkonferenzen abgehalten, um eine neue Spitze für die SPD zu finden. Fündig wurde man in einem wenig charismatischen Duo.

Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans versprühen das Lebensgefühl eines Bürokratendenkmals. 

Ohne starke Persönlichkeiten keine Aufbruchstimmung. Nein, zwei Bürokratendenkmäler auf einmal machen es auch nicht besser. 0,5 mal 0,5 ist eben nicht 1, sondern 0,25. Und die eigentliche Frage ist doch: Hätte die Partei nicht die Regionalkonferenzen nutzen sollen, um ihre Identität wiederzufinden? Denn die SPD ist austauschbar geworden, hat ihre Positionierung verloren. Das ist der Grund für das Abschmieren. Die Grünen besetzen plötzlich sozialdemokratische Themen, indem sie die Klimafrage mit sozialer Gerechtigkeit verbinden.

Es braucht eine klare Abgrenzung über Einzelmaßnahmen hinaus. Sollte die neue Doppelspitze es nicht schaffen, die Identität und damit das Identifikationspotential der Wähler wieder zu beleben, wird der Fall der Partei in die Unbedeutsamkeit nicht mehr aufzuhalten sein.

3. Trumps eigenartige Verlässlichkeit bringt seiner Marke Immunität gegen alles

Donald Trump spaltet nach wie vor die Welt. Der Präsident der Vereinigten Staaten bricht ein Tabu nach dem anderen und leistet sich Fehltritt um Fehltritt, steht vor einem Amtsenthebungsverfahren. Und trotzdem bleiben die Zustimmungswerte des Präsidenten konstant auf einem ähnlichen Niveau und liegen momentan höher als Anfang 2018. Wie kann das sein? Die Marke Donald Trump zeigt eindrucksvoll die Wirkung einer klaren Positionierung. Trump ist nach wie vor der Präsident, den die Wähler gewählt haben – ob uns das gefällt oder nicht. Klar dürfen Sie eine Meinung haben. Aber wählen können Sie ihn nicht.

Er hat America first versprochen. Und er liefert America first.

Wenn Sie jetzt sagen: „I dont like it“, kann ich Sie verstehen. Sie nehmen ihn vermutlich als erratischen Trampel wahr. Doch könnte Trumps Erfolg vielleicht damit zusammenhängen, dass er FÜR SEINE WÄHLER einen Wert stärkt, der in der Politik bisweilen verloren gegangen ist? Verlässlichkeit.

*Die Ergebnisse des Rankings basieren auf mehr als 900.000 Online-Interviews, die Yougov im Zeitraum von September 2017 bis August 2018 täglich für den Markenperformance-Tracker Yougov BrandIndex repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren durchgeführt hat.

4. Nowitzki und die Kraft der Authentizität made in Franken

Basketball ist nicht gerade der Lieblingssport der Deutschen. Kaum einer kann auch nur drei deutsche Basketballer aufzählen. Doch einen kennen alle:

 

 

 

 

 

Dirk „Dirkules“ Nowitzki. Der Sportler, der schon vor seinem Karriereende Legendenstatus in Deutschland und auch in den USA genießt. Warum lieben viele Deutsche Dirk Nowitzki, auch wenn sie keinerlei Interesse an Basketball haben? Der Würzburger ist trotz Gehältern jenseits der 20 Mio US$ immer bodenständig und nahbar geblieben. Er ist anders als man es von einem NBA-Star erwarten würde. Das ist der Schlüssel. Nowitzki ist sozial stark mit einer Vielzahl eigener Stiftungen engagiert und ist nie mit negativen Schlagzeilen in Verbindung gebracht worden. Dabei ist er stets ein Ausnahmesportler mit unvergleichlicher Trainingsmoral und Talent gewesen.

Die ING Diba freut sich vermutlich auch über die Weihnachtstage einen Ast ab, dass Nowitzki sein Ja-Wort als Markenbotschafter gegeben hat.

Nowitzki hat nie das Scheinwerferlicht gesucht. Die Scheinwerfer haben ihn gefunden. Vermutlich hat ihm das so viele Pluspunkte als Mensch und sportlich eingebracht. Er wirkt einfach echt und authentisch. Das macht ihn zu einer starken Marke. Mehr Volksnähe und Sympathie gehen vermutlich derzeit nur mit Jürgen Klopp.

PS: Sicher trägt auch die fränkische Herkunft des Würzburgers zu seinem Heldenstatus bei. Darauf einen Frankenwein! (sorry…)

5. Elon Musk und die Frage: Tüftelst du noch oder verkaufst Du schon?

Elon Musk lässt es nicht ruhig werden um Tesla. Mit der Vorstellung des Cybertrucks sicherte sich der Gründer und CEO des Autoherstellers wieder einmal die Aufmerksamkeit der Medien weltweit. Mit einem extrem provokanten und eigenwilligen Design eines Pickups brach Tesla mal wieder mit allen Regeln der Design-Standards der letzten Jahre – Unverwechselbarkeit um jeden Preis. Er unterstreicht damit seinen Ruf als E-Auto-Pionier und Regelbrecher. Das ist glaubwürdig. Auch wenn der Bruchtest der angepriesenen Sicherheitsscheiben auf der Bühne gründlich daneben ging – die Aufmerksamkeit ist dem Cybertruck sicher. Und spielt es eigentlich eine Rolle, dass das Design des Cybertrucks wohl allein schon aus Gründen des Fußgängerschutzes so in den meisten Ländern kaum zugelassen werden wird?

Wo wohl VW Chef Herbert Diess die Show von Elon Musk verfolgt hat? Er wird sich auf ein Neues gewundert haben, dass Tesla trotz Pleiten, Pech und Pannen die Attraktivität auf seiner Seite hat. 

Die Zahlen für die Vorbestellung des Cyber Trucks lassen jedenfalls darauf schließen. VW tüftelt lieber in bewährter deutscher Tradition ein paar Jahre länger an den Autos der Zukunft, während die Aufmerksamkeit den anderen gehört. Ob die Rechnung für VW aufgeht? 2020 wird dazu ein richtungsweisendes Jahr sein. Kleiner Hinweis an die deutsche Automobil-Industrie: Unverwechselbarkeit schlägt Perfektion.

6. Huaweis erstaunliches Krisenjahr und das letzte Ass im Ärmel der westlichen Wirtschaft

Huawei verkauft 50 % mehr Smartphones als Apple. Daran konnte auch das in diesem Jahr von Trump verhängte Embargo für Updates des Betriebssystems Android nichts ändern. Es ist denkbar, dass der chinesiche Handyriese 2020 bereits Samsung als Marktführer verdrängt. Im Top 100 Best Global Brands 2019 Ranking der Beratung Interbrand erreicht der chinesische Konzern Huawei allerdings nur Platz 74. Huawei ist außerdem die einzige chinesische Marke in den Top 100. Apple, seit Jahren die Nummer eins im Ranking der wertvollsten Marken, ist laut Interbrand über 30 Mal so viel wert.

Warum finden sich keine weiteren chinesischen Firmen unter den Top 100, unter denen sich auch relativ neue Unternehmen wie Netflix befinden? 

Womöglich haben die Chinesen noch nicht verstanden, dass neben dem Abliefern einer überlegenen Leistung auch der Aufbau einer starken Marke zum Erfolg beiträgt. Oder sie brauchen einfach mehr Zeit. Starke Marken entstehen schließlich nicht über Nacht. Vielleicht ist jedoch dieser Weg den Chinesen schlicht zu ineffizient und sie kaufen sich stattdessen munter weiter in europäische und amerikanische Marken ein. Gemäß der Philosophie: Warum selbst eine Marke aufbauen, wenn man sich auch eine kaufen kann? Jedenfalls ist es auf absehbare Zeit schwer nicht vorstellbar,  dass Huawei-Kunden wie beim Konkurrenten aus dem Silicon Valley in Zelten campieren, weil sie sehnsüchtig auf den Verkaufsstart eines neuen Huawei-Handys warten.

Was würde passieren, wenn Chinesische Unternehmen auch auf den Trichter kämen, wie wichtig der Aufbau von Anziehungskraft ist?

Wenn Chinesische Hersteller technologisch auf Augenhöhe sind, dann bleibt die Fähigkeit der Markenbildung das letzte Ass im Ärmel der westlichen Wirtschaft.

Es bleibt offen, ob andere chinesische Anbieter wie Xiaomi es in den nächsten Jahren schaffen werden sich in den Top 100 der wertvollsten Marken zu etablieren. Dies wird jedoch nur gelingen, wenn sie mehr anbieten als Qualität zu Spitzenpreisen.

7. Lagerfeld und der Unterschied zwischen Stil und Mode

Mit Karl Lagerfeld ist dieses Jahr eine der schillerndsten und eigenwilligsten Persönlichkeiten unserer Zeit von uns gegangen. Wie kein Zweiter stand der Modeschöpfer für einen ikonischen unverwechselbaren Stil.

Der „Modezar“ blieb seiner unverwechselbaren Linie aus Eleganz und Alltagstauglichkeit stets treu  – und war damit weltweit über Jahrzehnte erfolgreich. Karl Lagerfeld bewies Jahrzehnt um Jahrzehnt, dass Stil resistent gegen Modetrends ist. Und auf der anderen Seite versucht uns die Modeindustrie weis zu machen, dass spätestens alle drei Monate eine neue Garderobe her muss. Lassen Sie sich nichts vormachen. By the way: wo sind eigentlich die Lagerfelds von heute?

Die stärkste Marke liegt in dir selbst. Deshalb bleibt unser Fazit 2019 das gleiche wie 2018:

Identität entwickeln. Attraktivität spüren.

Zu den 5 unverwechselbaren Markenlehren des Jahres 2021

Marke für Personen

Eintauchen in ID Unternehmensmarke

Starke Marke für Organisationen

MarkenPraxis Blog

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