Einblick in den Maschinenraum der FDP

02. Dez 2021 | Presse-Publikation

Im Gespräch 2016 gab uns Marco Buschmann einen exklusiven Einblick in die Entstehung der neuen Markenidentität der FDP. Im Interview erklärte er, was er sich in fünf Jahren als Schlagzeile für die FDP wünschen würde. Ob sein Wunsch von damals in Erfüllung gegangen ist?

Marco Buschmann

Man muss sich immer wieder die Frage stellen, was der eigene Beitrag für andere ist.

Marco Buschmann

Das Interview mit Marco Buschmann führte Christopher Spall.

Wie sieht das Leitbild der FDP konkret aus?

Zuallererst haben wir uns mit der Frage beschäftigt, warum uns die Wähler 2013 vorübergehend des Platzes verwiesen haben. Uns ist klar geworden, dass viele Menschen nicht mehr erkennen konnten, was der einzigartige Beitrag der FDP ist.
Wir glauben, das Besondere an der Marke FDP ist, dass wir eine optimistische Partei sind, die an den einzelnen glaubt und ihn stark machen möchte. Wir wollen eine Rahmenordnung anbieten, die es ermöglicht, dass der Einzelne seine Stärken ausspielen kann und so insgesamt eine Gesellschaftsordnung entsteht, die für alle besser ist.

Wenn Sie es auf einen einzigen Satz herunter brechen würden: Wofür will die Marke FDP von nun an stehen?

Mehr Chancen durch mehr Freiheit.

Wir haben bei uns selbst angefangen und uns die Frage gestellt, was wir getan haben und v. a. was wir besser machen können.

Was waren die entscheidenden Erfolgsfaktoren in der Entwicklung des Leitbildes?

Essentiell war, dass wir nicht angefangen haben, die Schuld für unseren Misserfolg im Verhalten der Wähler, der anderen Parteien oder der Medien zu suchen. Wir haben bei uns selbst angefangen und uns die Frage gestellt, was wir getan haben und v. a. was wir besser machen können. Zusätzlich haben wir den Mut aufgebracht, kein Herrschaftswissen zu bunkern. Wir haben alle Erkenntnisse, die wir über die offene und ehrliche Analyse gewonnen haben, mit unseren Mitgliedern geteilt. Dies geschah in über 300 bundesweiten Veranstaltungen, in denen wir viele der Ergebnisse vorgestellt und greifbar gemacht haben. Und im Anschluss natürlich auch offen und ehrlich diskutiert haben. Somit konnten unsere Mitglieder direkt auf die Konsequenzen, die aus der Analyse gezogen wurden, Einfluss nehmen.

Wir haben einen offenen, dialogischen Prozess gestartet und versucht alle Mitglieder mit an Bord zu holen.

Die FDP zählt mehr als 50 000 Mitglieder. Wie schafft man es, dass 50.000 Menschen in die gleiche Richtung schauen und sich auch dorthin bewegen?

Wir haben nicht einfach gesagt: Das ist die Richtung, der alle zu folgen haben. Wir haben einen offenen, dialogischen Prozess gestartet und versucht alle Mitglieder mit an Bord zu holen. Wie bereits erwähnt haben wir bundesweit Veranstaltungen zum Leitbildprozess durchgeführt und über 80 Leitbildbotschafter ausgebildet. Ihre Aufgabe war es nicht den Mitgliedern etwas aufzuquatschen, sondern ihr Wissen mit den Leuten zu teilen, zu erklären, zuzuhören und uns Rückmeldung zu geben.

Wie war das Ergebnis der Mitgliederbeteiligung auf dem Weg zur neuen gemeinsamen Markenidentität?

Die Mitglieder konnten sehen, dass wir viele ihrer Anregungen aufgegriffen haben. So haben wir insgesamt Rückmeldungen von über 15 000 Mitgliedern bekommen per E-Mail, SMS oder Brief, von jung bis alt. Es gab sogar ältere Herren, die sich den Leitbildentwurf von ihrem Enkel haben ausdrucken lassen, mit Schreibmaschine oder Filzstift Änderungsvorschläge aufgeschrieben und per Fax an uns geschickt haben. Dieser Weg hat zu einem hohen Maß an Motivation und Akzeptanz für die Veränderung geführt.“

Und wie sorgen Sie dafür, dass Ihre neu entwickelte Markenidentität nicht an Relevanz verliert, wenn der Alltag erst mal zurückkommt?

Bereits jetzt finden viele Debatten statt, ob ein bestimmtes Vorgehen leitbildkonform ist oder nicht. Auch bei uns im Präsidium wird das Leitbild immer wieder genutzt, um über Tonalitäts-Fragen zu diskutieren. Ich habe nicht den Eindruck, dass es nur an der Wand hängt und ignoriert wird. Wir haben aber natürlich, um einer potentiellen Gefahr vorzubeugen, auch Vorsorge betrieben. Insbesondere mit Blick auf die kommenden Wahlkämpfe

Ist das, was wir da vorhaben, wirklich Ausdruck dessen, was wir sein wollen?

Wie können wir uns das genau vorstellen?

Früher wurden Kampagnen mehr oder weniger vollständig dezentral, von den einzelnen Landesverbänden der FDP erarbeitet. Nun entwickeln wir die Kampagnen gemeinsam. Landesverbände und Bundesverband. Dieser sehr enge Austausch gibt uns immer wieder die Möglichkeit, sich die Frage zu stellen: Ist das, was wir da vorhaben, wirklich Ausdruck dessen, was wir sein wollen?
Bislang hat dieser Weg gut geklappt. Bei den Wahlen in Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg im nächsten Frühjahr werden Sie sehen, dass wir eigenständige Linien entwickelt haben, die aber alle den gemeinsamen Geist des Leitbildes leben.

Würden Sie nach Ihren gemachten Erfahrungen der Aussage zustimmen, dass eine Marke zentral aus einer Hand gesteuert werden muss?

Zentralität klingt immer so ein bisschen nach Befehl und Gehorsam. Diese Möglichkeit haben wir als politische Partei nicht. Wir können unsere Mitglieder lediglich überzeugen. Wenn man sich gegenseitig zuhört und sich austauscht, kommen am Ende auch mehr Gemeinsamkeiten dabei raus. Wir haben uns auf eine gemeinsame Identität verständigt, die von allen akzeptiert wird.

An welchen Themen arbeiten Sie aktuell, um sukzessive Glaubwürdigkeit und Vertrauen in Ihre Partei zurückzugewinnen?

(…) Bildung ist ein ganz entscheidender Faktor für die Zukunft, übrigens auch für die Bewältigung der Integrationsthematik. Wichtig wird auch moderne Infrastruktur werden, d. h. mehr als nur Straßen. Die Infrastruktur der Zukunft hat viel mit Breitband zu tun. Und hier stehen wir an der Schwelle zum Entwicklungsland. Eine weitere immens wichtige Frage ist, was aus dem Industriestandort Deutschland wird. Es gibt mittlerweile Branchen, in denen die Investitionen niedriger sind als die Abschreibungen. Das sollte uns zu denken geben, da diese Industrien große Relevanz für die Mittelschicht in unserem Land haben.
Leider sind es genau diese Themen, die im Krisenmodus aus dem Blick geraten und uns deshalb besonders am Herzen liegen. Um diese wollen wir uns kümmern.

Die Welt scheint immer fragiler zu werden. Im Kern der Marke FDP steht demgegenüber der pure Zukunftsoptimismus. Und Chancen. Wie geht das zusammen?

Erst mal möchte ich Ihnen widersprechen. Sie beschreiben ein Gefühl, das durch die Art und Weise, wie Politik und Kommunikation in unserem Land betrieben wird, bestärkt wird. Das Gefühl der permanenten Krise. Zugespitzt: Die Welt scheint den Bach runterzugehen. Das Einzige was wir noch können, ist das Tempo des Verfalls zu drosseln. Dies führt natürlich zu Konservatismus, zu Ängsten, zu Sicherheitsbestreben. Wenn wir uns die Welt als Ganzes anschauen, stimmt dieses Bild natürlich nicht. Aus den Armutsberichten wissen wir, dass wir wahnsinnige Fortschritte bei der weltweiten Bekämpfung der Armut machen. Wir sehen bei heutigen technologischen Entwicklungen, dass mittlerweile Menschen in Afrika, die sich in ihrem ganzen Leben kein Ticket in die USA leisten können, heute über ihr Smartphone Vorlesungen in Harvard oder Stanford anschauen können. Es gibt ganz fantastische Fortschritte an Zivilisation und Humanität. Dies gehört auch zur Vollständigkeit des Bildes.

(…)

Wie stellen Sie sicher, dass die führenden Persönlichkeiten auf Landes- und Bundesebene Ihre gemeinsame Identität auch verkörpern?

Das Stichwort „vorleben“ ist das Entscheidende. Als politische Partei haben wir keine autoritären Instrumente wie es in einem Wirtschaftsunternehmen der Fall ist. Deshalb ist unser Hauptinstrument das Vorleben. Und wir müssen Erfolge des eingeschlagenen Wegs aufzeigen können. Deshalb waren auch die Wahlerfolge in Hamburg und Bremen so wichtig.

Was ist unser unverwechselbarer und wichtiger Beitrag, um das Land erfolgreicher zu machen?

Welchen einen Rat können Sie Markenlenkern geben, die ebenfalls versuchen, eine Organisation aus der Glaubwürdigkeitskrise zu führen?

Im Kern die folgenden zwei Ratschläge: Erstens, fragt euch selber, was ihr tun könnt und jammert nicht über externe Faktoren. Und zweitens muss man sich immer wieder die Frage stellen, was der eigene Beitrag ist. Und zwar nicht zur Selbsterhaltung, sondern der Beitrag für andere. Jede Organisation benötigt eine vergleichbare Leitfrage, die wegführt von dem „Was können wir tun, damit es uns auch noch in 5 Jahren gibt“ hin zu der Frage „Was ist unser unersetzlicher Beitrag für die Gesellschaft“.

Bei uns war es die Frage, was unser Beitrag für dieses Land, für die politische Debatte und Kultur in Deutschland ist. Was ist unser unverwechselbarer und wichtiger Beitrag, um das Land erfolgreicher zu machen?

Welche Schlagzeile würden Sie gerne in fünf Jahren im Spiegel über die FDP lesen?

Am schönsten wäre, wenn man da lesen könnte: „Freie Demokraten sorgen für Kreativschub im Bundestag.“

Erstveröffentlichung 20. Januar 2016

Bildquellen: Freie Demokraten (FDP), derwesten.de

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