Marken-Retreat für NIVEA: Wie eine Entschlackungskur mehr Fokus im Wachstum bringt

Die Marke trotzt den wirtschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit: NIVEA ist eine der am schnellsten wachsenden Marken im Massenmarkt für Gesichtspflege. Der Umsatz wuchs 2021 um 5,5 Prozent. Aber lässt sich die Kuh ewig melken? Wir haben die Markenführung für das Handelsblatt genau unter die Lupe genommen.
„In der aktuellen von der Energiekrise, Krieg und Inflation dominierten Zeit suchen Konsumenten Marken, die Sicherheit versprechen.“
Christopher Spall
im Handelsblatt
Warum NIVEA als ikonische Marke gilt
NIVEA ist mit 130 Jahren Geschichte die älteste Hautpflegecreme der der Welt. Keine Hautpflegemarke genießt global mehr Vertrauen. Die ungestützte Bekanntheit von nahezu 100% ist Ausdruck dieser Erfolgsgeschichte. Es lohnt sich, ein paar Stockwerke tiefer zu gehen und in den Maschinenraum der Marke zu schauen.
Da ist die klare Positionierung auf Pflege. Nur wenige Marke stehen für so klar für ein einziges Wort. Dabei hilft ein alter Kulturcode: Der sog. Archetyp verortet die Marke klar. Hier ist es das Muster der pflegenden Mutter. Sie gibt Orientierung, von der Entwicklung neuer Produkte bis zur Ausrichtung der Markenkommunikation. Im Marketing z. B. sind Frauen der Altersklasse 30-50 Jahre häufiger als in der Kosmetikbranche üblich sichtbar. Dieser Archetyp der pflegenden Mutter sorgt auch für die besondere Beliebtheit von NIVEA bei Familien.
Zudem ist die Marke immer eindeutig erkennbar. Die Markenfarbe blau, der ikonischer Schriftzug und die runde Form sind Ausdrücke außergewöhnlicher Verlässlichkeit. Besonders interessant: Die Produktlinien treten häufig als Identitätsvariation auf, wie z.B. NIVEA BEAUTÉ, NIVEA SUN oder NIVEA MEN. Alle Submarken zahlen konsequent auf die Dachmarke NIVEA ein.
Warum trumpft NIVEA gerade in Krisenzeiten auf?
In Krisenzeiten entfalten starke Marken ihr wahres Potential. Sie sind Vertrauensanker und Umsatzgarant. Das ist für Beiersdorf und insbesondere für die Marke NIVEA eine gute Nachricht.
Welche Klippen gilt es zu umschiffen?
NIVEA wurde in der Vergangenheit wahnsinnig aufgebläht – auf über 500 Produkte. Exzessive Diversifizierung trübt die Klarheit eines Markenprofil. Und das wiederum geht zu Lasten der Attraktivität. Höchste Zeit also für ein Marken-Retreat.
Das Handelsblatt greift diese Feststellung auf im Beitrag „Beiersdorf: Weniger Produkte, mehr Marge“.
„Nivea braucht eine Entschlackungskur.“
Christopher Spall
im Handelsblatt
Konsistenz ist wichtiger als Kreativität
Wenn es um den Markenerfolg geht, ist Konsistenz wichtiger als Kreativität. Der Vorstandsvorsitzende der Beiersdorf AG, Vincent Warnery, hat verstanden. Folgerichtig entschied der Konzern, die globale Präsenz der Marken zu stärken: Produkteinführungen und Marketingkampagnen sollen künftig vermehrt global gesteuert werden. Weniger, aber dafür bessere und größere Produkteinführungen und Kampagnen seien geplant.
Zur Untermauerung und Umsetzung wurde ein eigener Vorstandsposten etabliert: Als „President NIVEA“ übernahm Grita Loebsack im Dezember 2021 die globale Verantwortung für die Marke.
2 Dinge, auf die es jetzt für die Marke NIVEA ankommt
- Konzentration auf wenige, aber klar positionierte Produkte, die in ihren Segmenten das Potential zum Marktführer haben
- Fokus auf Schlüssel-Innovationen
Wird NIVEA grün?
Wie alle Marken setzt sich auch NIVEA mit den beiden großen Megatrends unserer Zeit auseinander: Nachhaltigkeit und Digitalisierung.
Beispiel dynamisches Messaging für NIVEA SUN: Konsumenten werden, auf Basis von Wetterdaten und dem persönlichen Nutzungsverhalten, über den richtigen Sonnenschutz informiert. Dabei werden direkt passende Produkte angeboten.
Von einem Marktführer wie Nivea wird jedoch mehr erwartet.
Der Hautpflegepionier sollte eine prägende Rolle einnehmen mit einer klaren und nachvollziehbaren Positionierung zum Thema Nachhaltigkeit. Ein paar soziale Aktivitäten, wie die Einrichtung einer Corona-Impfstation oder die Unterstützung von Klimaschutz-Projekten, reichen dazu nicht aus.
Erste vorzeigbare Resultate sind z. B. die Markteinführung erster klimaneutralisierten NIVEA Produkte und die komplett mikroplastikfreie Herstellung aller NIVEA Produkte seit Ende 2021.
Ausblick
Beiersdorf sollte Neuprodukte künftig noch kritischer auf Markenpassung zu prüfen. Vorrangiges Ziel: Die Monopolposition in einigen Marktsegmenten zu sichern bzw. auszubauen. Ein konsequentes „Nein“ zu zweifelhaften Line Extensions schleift das Profil wieder scharf.
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