Die 5 unverwechselbaren Markenlehren des Jahres 2023

Die 5 unverwechselbaren Markenlehren des Jahres 2023

Markenlehren 2021

Was bleibt aus Markensicht von diesem Jahr?

1. Kometenhafter Aufstieg: Wie Udo Lindenberg uns Konsequenz lehrt

Es ist das Jahr 1973, genauer gesagt der 13. August. Der 27-jährige Udo Lindenberg verfasst seinen Masterplan – auf einer Serviette. Sein Ziel: Der größte Rockstar werden. Eine Auswahl seiner Maßnahmen: Stets mit Hut auftreten, mit mindestens 1,2 Promille auf der Bühne und die Umbenennung seiner Band in Panik-Orchester. Noch im Dezember desselben Jahres gelingt dem Panik-Rocker der Durchbruch mit seinem Album „Alles klar auf der Andrea Doria“. Über 100.00 Plattenverkäufe und Platz 23 in den Charts.

50 Jahre später. Udo Lindenberg landet im Alter von 77 den ersten Nr. 1 Hit seiner Karriere. Der Song „Komet“ im Duett mit Rapper Apache 207 klettert auf Platz 1 der Charts – und hält sich dort für 21 Wochen. Rekord.

Was lernen wir daraus?

Starke Marken entstehen nicht über Nacht. Markenaufbau braucht Zeit und vor allem eines: Durchhaltevermögen. Udo Lindenberg hat es geschafft, über 50 Jahre hoch relevant zu bleiben. Nicht, indem er sich alle paar Jahre neu erfunden hat, sondern indem er seinem Stil treu geblieben ist. Trauen Sie sich also, eine klare Linie mit Ihrer Marke zu fahren, und erfahren Sie die Wertschätzung, die Sie verdienen. Dabei ist es hilfreich, die eigene Strategie auf Papier zu bringen. Dazu reicht selbst eine Serviette…

2. In drei Zügen zur unbeliebtesten Marke Deutschlands: Deutsche Bahn

Angenommen Sie wollen eine Marke Schritt für Schritt beschädigen – wie würden Sie vorgehen? Manchmal kommt es einem so vor, als ob die Deutsche Bahn sich diese Frage tatsächlich stellen würde. Dieses Jahr war ein Rekordjahr für den Staatskonzern: Noch nie waren so viele Züge unpünktlich. Der Tiefpunkt der Reputation scheint erreicht. Zeit, der Frage nachzugehen, wie man es eigentlich schafft, so einen miesen Ruf aufzubauen. Wie geht das? Hier unsere augenzwinkernde Anleitung, um den eigenen Ruf zu zerstören:

1. Sorgen Sie dafür, dass es keinen Wettbewerb gibt.

Wettbewerb ist mühsam. Er kostet Geld und Energie. Er macht uns ständig Beine, uns zu verbessern. Das nervt. Ohne müssen wir uns nicht mehr anstrengen. Können uns etwas gehen lassen. Was sollen die Kunden schließlich machen, wenn es keine Alternative am Markt gibt? Machen Sie es bloß nicht wie in Norwegen. Dort gibt es gleich mehrere Anbieter für den Schienenverkehr, die sich in der Leistung gegenseitig überbietet wollen. Alles läuft dort zwar digital und reibungslos. Aber bis es so weit ist, stünde jede Menge Arbeit an. Das ist einfach zu viel Stress. Cool down.

2. Holen Sie sich den Staat ins Boot.

Erwirken Sie eine Staatsbeteiligung, damit Sie in Zukunft viele fachfremde Entscheider mit am Tisch sitzen haben, die aus Angst um Ihren Posten keine Risiken eingehen. So stellen Sie sicher, dass sich möglichst wenig verändert. Und Sie haben wieder mehr Zeit für die wichtigen Dinge im Leben.

3. Untergraben Sie Ihr zentrales Markenversprechen.

Das Versprechen der Deutschen Bahn lautet „Die Zeit gehört Dir“. Während andere auf der Autobahn im Stau stehen, sitzen Ihre Kunden entspannt im Zug und schauen Netflix. Halt. Stopp. Es wäre doch langweilig, dieses Vorurteil zu erfüllen. Und kennen Sie den Slogan „Die Bahn kommt“? Auch diesen hat die Bahn ad absurdum geführt. Sie kommt immer öfter nicht mehr. Es müsste also heißen „Die Bahn kommt wahrscheinlich nicht.“

Machen Sie es wie die Deutsche Bahn und konterkarieren Sie Ihr Versprechen. Lassen Sie Ihre Kunden im Ungewissen, wie die Erfahrung mit Ihrer Marke sein wird. Dadurch beschäftigen sich die Menschen wieder mit Ihnen. Sie sind im Gespräch. Worauf Sie sich verlassen können. Fragen Sie mal den Bahn-Vorstand.

Was lernen wir daraus?

Den Ruf ins absolut Bodenlose zu katapultieren ist gar nicht so einfach. Gleich mehrere konsequente Schritte sind nötig, bis Ihr sorgfältig erworbener Kredit bei den Kunden vollends verspielt ist. Probieren Sie es aus?

3. Das Wagenknecht-Kalkül: Raus aus der Vergleichbarkeit oder wenn die Person das Programm irrelevant macht.

Neues Jahr, neue Partei. Im kommenden Jahr wird sich die Parteienlandschaft in Deutschland weiter verändern: Sahra Wagenknechts „Bündnis für Vernunft und Gerechtigkeit“ wird vom Verein zur Partei.

Die Partei in spe setzt dabei voll und ganz auf die Strahlkraft der Persönlichkeit Sahra Wagenknecht. Die ehemalige Linken-Politikerin füllt das Identifikations-Vakuum, das Scholz, Habeck und Co. derzeit erzeugen. Eine Partei um eine Person gebaut wurde zuletzt 2009 – vielleicht weniger ernsthaft: Die Horst-Schlämmer-Partei (HSP). Die kam in einer Stern-Umfrage immerhin auf 18 Prozent Zustimmung. Auch die neue Wagenknecht-Partei erfährt bereits großen Zuspruch. Laut der Meinungsforschungs-Institute Forsa und Kantar kommt eine potenzielle Wagenknecht-Partei auf 19 Prozent – 1 Prozent mehr als die HSP!

Eine weitere Parallele: Die HSP ließ sich, wie auch die neue Wagenknecht-Partei, keinem Spektrum zuordnen. Zitat Horst Schlämmer: „Wir sind konservativ, liberal und links.“ Was bei Kerkeling eine Satire war, ist bei Wagenknecht das Kalkül. Damit wird die Sahra Wagenknecht-Partei ist erste Partei im deutschen Parteienspektum, die nicht einer klaren politischen Richtung zuzuordnen ist. Damit ist Wagenknecht relevant für alle, die sich mit keiner der etablierten Parteien identifizieren können. Und die Parteimarke wird unvergleichbar. Bei der aktuellen Politikverdrossenheit könnte das funktionieren.

Ein Parteiprogramm haben die Anhänger um Frau Wagenknecht jedenfalls noch nicht veröffentlicht.

Erst wird spannend, wie sich die Mischung aus Identifikation mit der Person Wagenknecht einerseits und allgemeiner Verdrossenheit bzgl. der etablierten Parteien andererseits auf kommende Wahlergebnisse auswirken wird.

Was lernen wir daraus?

Menschen wollen sich mit Menschen identifizieren, nicht mit abstrakten Konstrukten.

Dieses Phänomen funktioniert nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft. Studien zeigen, dass fast die Hälfte des Rufs eines Unternehmens auf den CEO zurückfällt (https://webershandwick.com). Und doch bleiben viele CEOs und Geschäftsführer lieber unterhalb des Radars – und verschenken enormes Potenzial. Nicht nur Kunden wollen wissen, wer da auf der anderen Seite an der Spitze steht und welche Haltung diese Person vertritt. Auch für Bewerber wird es immer relevanter, mehr über ihren potenziellen Arbeitgeber zu erfahren. Finden sie dann in LinkedIn ein leeres Profil, vielleicht sogar ohne Foto, wird es dünn.

Unsere klare Empfehlung: Bringen Sie Ihre Haltung auf der Punkt und werden Sie präsent. Stärken Sie den Ruf Ihrer Marke mit der Strahlkraft Ihrer Persönlichkeit. Außer Sie sind Elon Musk, dann wäre etwas weniger Präsenz vielleicht gar nicht so schlecht…

4. Marken-Experiment MediaMarkt und SATURN: Wie man aus zwei starken Marken eine macht.

Seit nunmehr 33 Jahren gehören die beiden Fachhändler zum Metro-Konzern und machen so ziemlich genau das Gleiche. Sie bieten die gleichen Produkte, die gleichen Serviceleistungen und sogar den gleichen Preis. Zusammengerechnet gibt es knapp 400 Filialen in Deutschland. Die einen mit der Markenfarbe schwarz, die anderen mit rot. Die Rede ist natürlich von MediaMarkt und SATURN. Beide Marken hatten bis dato einen eigenen Auftritt, eigene Kampagnen und einen eigenen Marken-Leitspruch. Zwei Marken zu führen, in einem harten Online-Preiskampf, hat unter diesen Bedingungen auch bislang keinen Sinn gemacht. Das haben nun auch die Verantwortlichen erkannt und 2023 zum ersten Mal damit begonnen, gemeinsame Werbekampagnen zu schalten. Auf den Websites beider Marken findet sich nun ein gemeinsames Logo und auch der Aufbau der Seiten ist identisch. Nur die unterschiedlichen Markenfarben sind geblieben. Da fragt man sich, wie lange der Mutterkonzern Ceconomy, wie Metro mittlerweile heißt, diese Konstellation noch beibehält.

Was lernen wir daraus?

Es gibt auf der Welt viele Marken. Viel zu viele. Studien zeigen, dass 75 Prozent der Marken weltweit verschwinden und einfach durch eine gleichwertige Marke ersetzt werden könnten – ohne dass es auffallen würde! (Havas Meaningful Brands report 2021)

In diesem Jahr wurde beispielsweise der Fruchtsaft Punica vom Markt genommen, der immerhin seit den 1970-er Jahren am Markt war. Ist es Ihnen aufgefallen?

Wenn Sie also mehrere Marken oder auch Produktmarken führen, deren Leistungen, Zielgruppen und Positionierungen sehr ähnlich oder sogar gleich sind, sollten Sie das einmal genauer anschauen. Denn Marken zu führen kostet bekanntlich eine Menge Geld und kann die Profilierung erschweren. Sollten Sie sich entschließen, Ihre Marken zusammenzuführen, brauchen Sie das nicht in einem Schritt tun. Denn vergessen wir nicht, wozu Marken im Kern da sind: Sicherheit und Orientierung zu geben.

Wir sind überzeugt, dass die aktuelle Markenstrategie bei MediaMarkt SATURN nur ein Zwischenschritt ist. In der vergangenen Jahren wurden immer mehr SATURN-Filialen nach einem Umbau zu MediaMärkten. Insgesamt sind heute nur noch knapp über 30 Prozent der 400 deutschen Filialen des Konzerns ein „SATURN“.
Mit gemeinsamen Kampagnen und einem identischen Webauftritt gewöhnt Ceconomy so die Kunden Schritt für Schritt an die neue Realität. In wenigen Jahren wird nur eine Marke übrig bleiben. Und das wird höchstwahrscheinlich die stärkere Einzelmarke sein: MediaMarkt. Wetten?

5. Mit weniger Lenkrad-Varianten zu mehr Markenstärke: Wie Opel nach 10 Jahren roter Zahlen am Comeback arbeitet.

Der deutsche Traditions-Autobauer Opel ist ein Beispiel dafür, dass Bekanntheit und Attraktivität zwei verschiedene paar Schuhe sind. Jeder kennt die Marke, kaum einer möchte sie fahren. Jahrelang wurde verpasst, ein klares Profil aufzubauen. Sinnbild der mangelnden Richtung war auch die Auswahl an Extras. Der Vize-Kommunikationschef drückte es ungefähr so aus: „Für den Insignia hatten wir z. B. über 20 Lenkrad-Varianten. Da kann man sich vorstellen, wie vollgepackt unsere Fabriken waren. Und wir hatten so viele Farben, dass es quasi kein Auto zweimal gab.“

Im Gegensatz dazu kannte der Jahresabschluss nur eine Farbe: Rot. Die fehlende Opel-DNA öffnete Tür und Tor für Kreativität. Die Marke wurde beliebig. Ohne klare Positionierung legte der Autobauer unglaubliche 19 Verlustjahre am Stück hin. Im Schnitt 1 Mrd. Verlust pro Jahr.
2018 schaffte es Opel als Teil von Stellantis, wieder in die schwarzen Zahlen zu klettern. Der Kern der Strategie: Variantenreichtum radikal verringern und klarer Fokus auf Autos der Klein- und Mittelklasse – natürlich mit hohem Elektrifizierungsanteil. Sogar die Limousine Insignia wurde gestrichen – vorerst jedenfalls.

Was lernen wir daraus?

Weniger Auswahlmöglichkeiten, bei den Leistungen klarer Fokus auf eine Positionierung – starke Marken schaffen ein klares Bild in den Köpfen der Menschen. Sie bieten nicht alles für jeden. Sie konzentrieren ihre Energie, bevor die Marke zu nebulös wird. Sie trauen sich, das wegzulassen, was nicht zur eigenen Identität passt. Klingt in der Theorie einfach – erfordert aber Mut. Trauen Sie sich „Nein“ zu sagen und fokussieren Sie sich klar auf das, was wirklich zu Ihnen passt. Das spart Ressourcen und sorgt für ein klares Bild – und damit für Attraktivität.

Wir werden sehen, ob Opel der neuen Linie treu bleibt. Die Ergebnisse der letzten Jahre geben Hoffnung. Die Medizin beginnt also zu wirken.

1. Kometenhafter Aufstieg: Wie Udo Lindenberg uns Konsequenz lehrt

Es ist das Jahr 1973, genauer gesagt der 13. August. Der 27-jährige Udo Lindenberg verfasst seinen Masterplan – auf einer Serviette. Sein Ziel: Der größte Rockstar werden. Eine Auswahl seiner Maßnahmen: Stets mit Hut auftreten, mit mindestens 1,2 Promille auf der Bühne und die Umbenennung seiner Band in Panik-Orchester. Noch im Dezember desselben Jahres gelingt dem Panik-Rocker der Durchbruch mit seinem Album „Alles klar auf der Andrea Doria“. Über 100.00 Plattenverkäufe und Platz 23 in den Charts.

50 Jahre später. Udo Lindenberg landet im Alter von 77 den ersten Nr. 1 Hit seiner Karriere. Der Song „Komet“ im Duett mit Rapper Apache 207 klettert auf Platz 1 der Charts – und hält sich dort für 21 Wochen. Rekord.

Was lernen wir daraus?

Starke Marken entstehen nicht über Nacht. Markenaufbau braucht Zeit und vor allem eines: Durchhaltevermögen. Udo Lindenberg hat es geschafft, über 50 Jahre hoch relevant zu bleiben. Nicht, indem er sich alle paar Jahre neu erfunden hat, sondern indem er seinem Stil treu geblieben ist. Trauen Sie sich also, eine klare Linie mit Ihrer Marke zu fahren, und erfahren Sie die Wertschätzung, die Sie verdienen. Dabei ist es hilfreich, die eigene Strategie auf Papier zu bringen. Dazu reicht selbst eine Serviette…

2. In drei Zügen zur unbeliebtesten Marke Deutschlands: Deutsche Bahn

Angenommen Sie wollen eine Marke Schritt für Schritt beschädigen – wie würden Sie vorgehen? Manchmal kommt es einem so vor, als ob die Deutsche Bahn sich diese Frage tatsächlich stellen würde. Dieses Jahr war ein Rekordjahr für den Staatskonzern: Noch nie waren so viele Züge unpünktlich. Der Tiefpunkt der Reputation scheint erreicht. Zeit, der Frage nachzugehen, wie man es eigentlich schafft, so einen miesen Ruf aufzubauen. Wie geht das? Hier unsere augenzwinkernde Anleitung, um den eigenen Ruf zu zerstören:

1. Sorgen Sie dafür, dass es keinen Wettbewerb gibt.

Wettbewerb ist mühsam. Er kostet Geld und Energie. Er macht uns ständig Beine, uns zu verbessern. Das nervt. Ohne müssen wir uns nicht mehr anstrengen. Können uns etwas gehen lassen. Was sollen die Kunden schließlich machen, wenn es keine Alternative am Markt gibt? Machen Sie es bloß nicht wie in Norwegen. Dort gibt es gleich mehrere Anbieter für den Schienenverkehr, die sich in der Leistung gegenseitig überbietet wollen. Alles läuft dort zwar digital und reibungslos. Aber bis es so weit ist, stünde jede Menge Arbeit an. Das ist einfach zu viel Stress. Cool down.

2. Holen Sie sich den Staat ins Boot.

Erwirken Sie eine Staatsbeteiligung, damit Sie in Zukunft viele fachfremde Entscheider mit am Tisch sitzen haben, die aus Angst um Ihren Posten keine Risiken eingehen. So stellen Sie sicher, dass sich möglichst wenig verändert. Und Sie haben wieder mehr Zeit für die wichtigen Dinge im Leben.

3. Untergraben Sie Ihr zentrales Markenversprechen.

Das Versprechen der Deutschen Bahn lautet „Die Zeit gehört Dir“. Während andere auf der Autobahn im Stau stehen, sitzen Ihre Kunden entspannt im Zug und schauen Netflix. Halt. Stopp. Es wäre doch langweilig, dieses Vorurteil zu erfüllen. Und kennen Sie den Slogan „Die Bahn kommt“? Auch diesen hat die Bahn ad absurdum geführt. Sie kommt immer öfter nicht mehr. Es müsste also heißen „Die Bahn kommt wahrscheinlich nicht.“

Machen Sie es wie die Deutsche Bahn und konterkarieren Sie Ihr Versprechen. Lassen Sie Ihre Kunden im Ungewissen, wie die Erfahrung mit Ihrer Marke sein wird. Dadurch beschäftigen sich die Menschen wieder mit Ihnen. Sie sind im Gespräch. Worauf Sie sich verlassen können. Fragen Sie mal den Bahn-Vorstand.

Was lernen wir daraus?

Den Ruf ins absolut Bodenlose zu katapultieren ist gar nicht so einfach. Gleich mehrere konsequente Schritte sind nötig, bis Ihr sorgfältig erworbener Kredit bei den Kunden vollends verspielt ist. Probieren Sie es aus?

3. Das Wagenknecht-Kalkül: Raus aus der Vergleichbarkeit oder wenn die Person das Programm irrelevant macht.

Neues Jahr, neue Partei. Im kommenden Jahr wird sich die Parteienlandschaft in Deutschland weiter verändern: Sahra Wagenknechts „Bündnis für Vernunft und Gerechtigkeit“ wird vom Verein zur Partei.

Die Partei in spe setzt dabei voll und ganz auf die Strahlkraft der Persönlichkeit Sahra Wagenknecht. Die ehemalige Linken-Politikerin füllt das Identifikations-Vakuum, das Scholz, Habeck und Co. derzeit erzeugen. Eine Partei um eine Person gebaut wurde zuletzt 2009 – vielleicht weniger ernsthaft: Die Horst-Schlämmer-Partei (HSP). Die kam in einer Stern-Umfrage immerhin auf 18 Prozent Zustimmung. Auch die neue Wagenknecht-Partei erfährt bereits großen Zuspruch. Laut der Meinungsforschungs-Institute Forsa und Kantar kommt eine potenzielle Wagenknecht-Partei auf 19 Prozent – 1 Prozent mehr als die HSP!

Eine weitere Parallele: Die HSP ließ sich, wie auch die neue Wagenknecht-Partei, keinem Spektrum zuordnen. Zitat Horst Schlämmer: „Wir sind konservativ, liberal und links.“ Was bei Kerkeling eine Satire war, ist bei Wagenknecht das Kalkül. Damit wird die Sahra Wagenknecht-Partei ist erste Partei im deutschen Parteienspektum, die nicht einer klaren politischen Richtung zuzuordnen ist. Damit ist Wagenknecht relevant für alle, die sich mit keiner der etablierten Parteien identifizieren können. Und die Parteimarke wird unvergleichbar. Bei der aktuellen Politikverdrossenheit könnte das funktionieren.

Ein Parteiprogramm haben die Anhänger um Frau Wagenknecht jedenfalls noch nicht veröffentlicht.

Erst wird spannend, wie sich die Mischung aus Identifikation mit der Person Wagenknecht einerseits und allgemeiner Verdrossenheit bzgl. der etablierten Parteien andererseits auf kommende Wahlergebnisse auswirken wird.

Was lernen wir daraus?

Menschen wollen sich mit Menschen identifizieren, nicht mit abstrakten Konstrukten.

Dieses Phänomen funktioniert nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft. Studien zeigen, dass fast die Hälfte des Rufs eines Unternehmens auf den CEO zurückfällt (https://webershandwick.com). Und doch bleiben viele CEOs und Geschäftsführer lieber unterhalb des Radars – und verschenken enormes Potenzial. Nicht nur Kunden wollen wissen, wer da auf der anderen Seite an der Spitze steht und welche Haltung diese Person vertritt. Auch für Bewerber wird es immer relevanter, mehr über ihren potenziellen Arbeitgeber zu erfahren. Finden sie dann in LinkedIn ein leeres Profil, vielleicht sogar ohne Foto, wird es dünn.

Unsere klare Empfehlung: Bringen Sie Ihre Haltung auf der Punkt und werden Sie präsent. Stärken Sie den Ruf Ihrer Marke mit der Strahlkraft Ihrer Persönlichkeit. Außer Sie sind Elon Musk, dann wäre etwas weniger Präsenz vielleicht gar nicht so schlecht…

4. Marken-Experiment MediaMarkt und SATURN: Wie man aus zwei starken Marken eine macht.

Seit nunmehr 33 Jahren gehören die beiden Fachhändler zum Metro-Konzern und machen so ziemlich genau das Gleiche. Sie bieten die gleichen Produkte, die gleichen Serviceleistungen und sogar den gleichen Preis. Zusammengerechnet gibt es knapp 400 Filialen in Deutschland. Die einen mit der Markenfarbe schwarz, die anderen mit rot. Die Rede ist natürlich von MediaMarkt und SATURN. Beide Marken hatten bis dato einen eigenen Auftritt, eigene Kampagnen und einen eigenen Marken-Leitspruch. Zwei Marken zu führen, in einem harten Online-Preiskampf, hat unter diesen Bedingungen auch bislang keinen Sinn gemacht. Das haben nun auch die Verantwortlichen erkannt und 2023 zum ersten Mal damit begonnen, gemeinsame Werbekampagnen zu schalten. Auf den Websites beider Marken findet sich nun ein gemeinsames Logo und auch der Aufbau der Seiten ist identisch. Nur die unterschiedlichen Markenfarben sind geblieben. Da fragt man sich, wie lange der Mutterkonzern Ceconomy, wie Metro mittlerweile heißt, diese Konstellation noch beibehält.

Was lernen wir daraus?

Es gibt auf der Welt viele Marken. Viel zu viele. Studien zeigen, dass 75 Prozent der Marken weltweit verschwinden und einfach durch eine gleichwertige Marke ersetzt werden könnten – ohne dass es auffallen würde! (Havas Meaningful Brands report 2021)

In diesem Jahr wurde beispielsweise der Fruchtsaft Punica vom Markt genommen, der immerhin seit den 1970-er Jahren am Markt war. Ist es Ihnen aufgefallen?

Wenn Sie also mehrere Marken oder auch Produktmarken führen, deren Leistungen, Zielgruppen und Positionierungen sehr ähnlich oder sogar gleich sind, sollten Sie das einmal genauer anschauen. Denn Marken zu führen kostet bekanntlich eine Menge Geld und kann die Profilierung erschweren. Sollten Sie sich entschließen, Ihre Marken zusammenzuführen, brauchen Sie das nicht in einem Schritt tun. Denn vergessen wir nicht, wozu Marken im Kern da sind: Sicherheit und Orientierung zu geben.

Wir sind überzeugt, dass die aktuelle Markenstrategie bei MediaMarkt SATURN nur ein Zwischenschritt ist. In der vergangenen Jahren wurden immer mehr SATURN-Filialen nach einem Umbau zu MediaMärkten. Insgesamt sind heute nur noch knapp über 30 Prozent der 400 deutschen Filialen des Konzerns ein „SATURN“.
Mit gemeinsamen Kampagnen und einem identischen Webauftritt gewöhnt Ceconomy so die Kunden Schritt für Schritt an die neue Realität. In wenigen Jahren wird nur eine Marke übrig bleiben. Und das wird höchstwahrscheinlich die stärkere Einzelmarke sein: MediaMarkt. Wetten?

5. Mit weniger Lenkrad-Varianten zu mehr Markenstärke: Wie Opel nach 10 Jahren roter Zahlen am Comeback arbeitet.

Der deutsche Traditions-Autobauer Opel ist ein Beispiel dafür, dass Bekanntheit und Attraktivität zwei verschiedene paar Schuhe sind. Jeder kennt die Marke, kaum einer möchte sie fahren. Jahrelang wurde verpasst, ein klares Profil aufzubauen. Sinnbild der mangelnden Richtung war auch die Auswahl an Extras. Der Vize-Kommunikationschef drückte es ungefähr so aus: „Für den Insignia hatten wir z. B. über 20 Lenkrad-Varianten. Da kann man sich vorstellen, wie vollgepackt unsere Fabriken waren. Und wir hatten so viele Farben, dass es quasi kein Auto zweimal gab.“

Im Gegensatz dazu kannte der Jahresabschluss nur eine Farbe: Rot. Die fehlende Opel-DNA öffnete Tür und Tor für Kreativität. Die Marke wurde beliebig. Ohne klare Positionierung legte der Autobauer unglaubliche 19 Verlustjahre am Stück hin. Im Schnitt 1 Mrd. Verlust pro Jahr.
2018 schaffte es Opel als Teil von Stellantis, wieder in die schwarzen Zahlen zu klettern. Der Kern der Strategie: Variantenreichtum radikal verringern und klarer Fokus auf Autos der Klein- und Mittelklasse – natürlich mit hohem Elektrifizierungsanteil. Sogar die Limousine Insignia wurde gestrichen – vorerst jedenfalls.

Was lernen wir daraus?

Weniger Auswahlmöglichkeiten, bei den Leistungen klarer Fokus auf eine Positionierung – starke Marken schaffen ein klares Bild in den Köpfen der Menschen. Sie bieten nicht alles für jeden. Sie konzentrieren ihre Energie, bevor die Marke zu nebulös wird. Sie trauen sich, das wegzulassen, was nicht zur eigenen Identität passt. Klingt in der Theorie einfach – erfordert aber Mut. Trauen Sie sich „Nein“ zu sagen und fokussieren Sie sich klar auf das, was wirklich zu Ihnen passt. Das spart Ressourcen und sorgt für ein klares Bild – und damit für Attraktivität.

Wir werden sehen, ob Opel der neuen Linie treu bleibt. Die Ergebnisse der letzten Jahre geben Hoffnung. Die Medizin beginnt also zu wirken.

Die stärkste Marke liegt in dir selbst.
Deshalb bleibt unser Fazit 2023 das gleiche wie 2022:

Identität entwickeln. Attraktivität spüren.

Bildquellen:

Daniel Abadia/unsplash.com
Art-Dolgov/shutterstock.com
Zoonar GmbH/Alamy Stock Foto
https://mediamarkt.de
https://buendnis-sahra-wagenknecht.de/

 

Zu den 5 unverwechselbaren Markenlehren des Jahres 2022

Marke für Personen

Zu den 5 unverwechselbaren Markenlehren des Jahres 2021

Markenlehren_2020

MarkenPraxis Blog

Mehrere Kulturen in einer Markenidentität vereinen

Mehrere Kulturen in einer Markenidentität vereinen

Eine verbindende DNA entwickeln und etablieren – das stellt insbesondere in global agierenden Organisationen eine komplexe Herausforderung dar. Wir zeigen am Beispiel unseres Kunden hep, wie es gelingt, verschiedene Kulturen unter einer Marke zu bündeln.

Your journey to a distinctive brand starts here

ID Summer Camp: Wie wegweisende Ideen und Zusammenhalt in der Natur entstehen

ID Summer Camp: Wie wegweisende Ideen und Zusammenhalt in der Natur entstehen

Die Ausgangslage

Unternehmen im Wachstum brauchen eine verbindende Identität als klaren Kompass. Dazu sind wir raus aus dem Alltag und rein in die Natur mit unserem Kunden EIZO Technologies. Mit dem Weltmarktführer für Visualisierungslösungen im Bereich Flugsicherung haben wir drei inspirierende Tage auf unserem ID Summer Camp am Ammersee verbracht. Was dabei heraus kam und was die älteste Bootsschule Deutschlands damit zu tun hat, sehen Sie im Video.

Die Erfolgsgeschichte der Marke EIZO Technologies

EIZO

Eintauchen in Marke für Organisationen

Marke für Personen

MarkenPraxis Blog

Mehrere Kulturen in einer Markenidentität vereinen

Mehrere Kulturen in einer Markenidentität vereinen

Eine verbindende DNA entwickeln und etablieren – das stellt insbesondere in global agierenden Organisationen eine komplexe Herausforderung dar. Wir zeigen am Beispiel unseres Kunden hep, wie es gelingt, verschiedene Kulturen unter einer Marke zu bündeln.

Your journey to a distinctive brand starts here

What’s next in our World? 7 Insights aus dem Medinge Spring Meeting 2023

What’s next in our World? 7 Insights aus dem Medinge Spring Meeting 2023

Vordenker, Manager und Akademiker treffen sich im Medinge Think Tank, um die zentralen globalen Entwicklungen für Management zu diskutieren. Im Medinge Spring Meeting in Barcelona widmen wir uns den Themen „Whats next in the world“ und „Whats next in our world”. In der inspirierenden Präsentation von Joaquim Calaf debattierten wir die aktuellen Ergebnisse der Globalen Studie Ipsos Global Trends Study 2022, die die Einstellungen von 18.000 Menschen aus 50 Ländern auf den Punkt bringt. Aus globaler Perspektive schauen wir auf die zentralen Themen unserer Zeit und die Rolle von gewissenhaftem Leadership zur Lösung unserer Probleme.

Die zentrale Frage:
Wie können wir Organisationen befähigen, „gute“ Entscheidungen zu treffen und gleichzeitig profitabel zu sein?

Peak Performer Stiftung Kids Camp München 2023
Peak Performer Stiftung Kids Camp München 2023

Unsere 7 Insights aus dem Medinge Meeting 2023:

1. Slowly, then suddenly

Jeder Trend entwickelt sich für lange Zeit sehr langsam und dann plötzlich.

2. Klimwandel ist Top-Thema

Der Klimawandel gehört für Menschen in 50 Ländern mittlerweile global zu den 3 wichtigsten Themen neben Inflation und Armut*.

3. Nachhaltigkeit ist mehr als Marketing

Mitarbeiter, Regulatorik, Kunden und Kosten setzen Anreize für ein gewissenhaftes Management der gesamten Organisation.

4. Wachstum bremsen ist keine Lösung

Das Ende des Wirtschafts-Wachstums ist nicht die Lösung unserer Probleme, sondern das Loslösen von CO2-Emissionen von diesem Wachstum.

5. Globalisierung ist nicht am Ende

Es existiert kein grundlegender Niedergang der Globalisierung. Wir sehen ein Ausbalancieren globaler mit lokaler Wertschöpfung.

6. Generationendenken ist Bullshit

Jeden Tag wird ein neuer einzigartiger Mensch geboren. Gleichzeitig hat jede Zeit ihren Zeitgeist.

7. Von Corporate Communications to Corporate Relations

Marke ist kein Kompass für aufregendes Marketing, sondern für das Führen guter Beziehungen -mit Mitarbeitern, mit Kunden, mit Eigentümern, mit der Gesellschaft.

*Ipsos Global Trends Study 2022

Unsere Buchempfehlungen für gewissenhaftes Management:

The responsible Company

Yvon Chouinard and Vincent Stanley

EIZO

Purposeful Branding

David Aaker

EIZO

In Good Conscience

Nicolas Ind and Oriol Iglesias

EIZO

MarkenPraxis Blog

Mehrere Kulturen in einer Markenidentität vereinen

Mehrere Kulturen in einer Markenidentität vereinen

Eine verbindende DNA entwickeln und etablieren – das stellt insbesondere in global agierenden Organisationen eine komplexe Herausforderung dar. Wir zeigen am Beispiel unseres Kunden hep, wie es gelingt, verschiedene Kulturen unter einer Marke zu bündeln.

Your journey to a distinctive brand starts here

Spall.macht.Marke
Markenidentitäts-Beratung

Steinstraße 21 · 90419 Nürnberg

Startseite

Was uns im Kern ausmacht

Vorträge & Publikationen

 Spall.macht.Marke is member of the:

Impressum

Datenschutzerklärung

Die 5 unverwechselbaren Markenlehren des Jahres 2022

Die 5 unverwechselbaren Markenlehren des Jahres 2022

Markenlehren 2021

Was bleibt aus Markensicht von diesem Jahr?

1. Die Musk-Lotterie: Wird Twitters Husten zur Lungenentzündung für Tesla & Co?

Elon Musk war auch 2022 wieder omnipräsent. Nicht jedoch wie gewohnt in seinen starken Rollen als Vordenker, Macher und Impulsgeber, sondern als Manager seiner neuesten Akquise: Twitter. Dort räumte der Tesla und SpaceX Chef erstmal kräftig auf. Nicht einmal Kaffeemaschinen und Büromöbel waren vor seinem Kahlschlag sicher. Doch es läuft nicht wie gewohnt für den in letzter Zeit erfolgsverwöhnten Südafrikaner. Plötzlich erhält der exzentrische Multimilliardär Gegenwind. Kürzlich wurde er sogar bei seinem Überraschungs-Auftritt in der Show von Comedian David Chappelle minutenlang ausgebuht. Woran liegt das? Elon Musk verlässt mehr und mehr die Rollen, in denen er glänzt. Mit Tesla revolutionierte Musk die Elektromobilität, mit SpaceX fliegt er für die NASA ins All und mit Starlink macht er Internet auf der ganzen Welt möglich. Hier geht der Innovator auf und ist wie der Fisch im Wasser. Als klassischer Manager, wie aktuell beim Kurznachrichtendienst Twitter hingegen, wirkt er deplatziert. Und das wird wahrgenommen. 

Musk verliert mehr und mehr Rückendeckung aus der Bevölkerung und gefährdet mit diesem Glaubwürdigkeitsverlust auch seine anderen „Kinder“. Insbesondere die Tesla-Aktie hat 2022 mehrt als 50 % an Wert verloren. Erste Konsequenzen hat Musk bereits gezogen. Per Umfrage lies er die Twitter-Nutzer abstimmen, ob er weiterhin in der Rolle des Twitter-Managers bleiben sollte. Wenig verwunderlich stimmte die Mehrheit für „Nein“.

Was lernen wir daraus?

CEO Branding ist keine Mickey-Maus-Disziplin, sondern Basishandwerk für C-Level Verantwortliche. Im Fall von Elon Musk riskiert er gerade den Erfolg seiner Marke Tesla. Nur den wenigsten ist klar: Etwa 50 % der Unternehmensreputation gehen auf den CEO zurück. Musk handelt intuitiv. Und lag oft richtig. Jetzt schlägt die Lotterie ins Gegenteil. Eine wirksame CEO-Positionierung und ein klares Rollenverständnis sind die Schlüssel für das Ende der Lotterie und der Beginn für eine systematische Stärkung der Unternehmensmarke(n) durch den CEO. Aber vielleicht ist das dem (zweit)-reichsten Menschen der Welt auch einfach egal.

2. Chinas Angriff auf deutsche Automarken: Wie relevant sind 130 Jahre Geschichte für den Erfolg einer Marke?

BMW und Mercedes gehören auch 2022 nach wie vor zu den 15 wertvollsten Marken der Welt. Doch was ist das in einer Industrie wert, die sich im Eiltempo vom Verbrennungsmotor wegentwickelt? Ein Blick auf China, den größten Automarkt, zeichnet ein düsteres Bild. In diesem Jahr hat dort beispielsweise die bei uns vollkommen unbekannte Marke Human Horizons ihr Oberklassemodell HiPhi X häufiger verkauft als Mercedes den EQS. Die Fertigungsqualität in Fernost und insbesondere die hohe Software-Kompetenz ermöglicht es chinesischen Herstellern, den deutschen Giganten im Elektroauto-Premiumsegment immer mehr Wasser abzugraben. Unangefochtener Marktführer in China ist bei Elektroautos übrigens BYD. Nie gehört? Das Modell Tang kann bereits in Europa vorbestellt werden.

Ist die deutsche Ingenieurskunst, wie der Verbrennungsmotor, plötzlich nichts mehr wert? Daimler hat mehr als 130 Jahre Erfahrung. Doch seit 2022 tanzen die chinesischen Premiummarken wie Nio dem Erfinder des Automobils leistungsmäßig auf der Nase herum. Deutsche Hersteller müssen mit Ballon-Rabatten in China aufbieten, um überhaupt Autos zu verkaufen. Das Premium-Image bei Verbrennern ist also nicht eins zu eins übertragbar auf Elektroautos. Und bislang konnte man den Unterschied zur Konkurrenz aus China auch noch im Innenraum spüren. Doch diese Zeit ist vorbei. Marken wie Nio agieren im gleichen Premium-Segment. Sowohl Design als auch Interieur ist auf Augenhöhe mit den deutschen Traditionsmarken.

Wir sind überzeugt, dass es den heimischen Automarken gelingen kann, die Kurve zu kriegen. Dafür bedarf es jedoch mehr als Softwarekosmetik und neue Modelle.

Was gilt es zu tun? Die deutschen Edelmarken müssen wieder echte Differenzierung schaffen. Dabei braucht es eine Rückbesinnung auf die eigene Identität und die Übersetzung in die E-Autowelt.

Was lernen wir daraus?

Tradition alleine ist wertlos. Nur wenn eine langjährige Historie zu einem konkreten Mehrwert führt, ist sie kaufentscheidend. Nur dann stärkt sie die Marke. Deshalb sollten hiesige Autogiganten wieder mehr an konkreten Differenzierungsvorteilen arbeiten. Dann sind Premium-Preise gerechtfertigt. Dann können BMW, Mercedes und Audi die chinesische Konkurrenz womöglich abwehren. Doch erstmal stehen einige Hausaufgaben an: Die deutsche Software im Mercedes erkennt Spracheingaben auf Mandarin aktuell nicht zuverlässig.

3. Adidas' Odyssee mit rassistischem Rapper: Wenn Reichweite um jeden Preis zum Bumerang wird

Im Oktober 2022 beendete Adidas nach 8 Jahren die Kooperation mit Rapper Kanye West. Unter der Schuhmarke ADIDAS YEEZY (Spitzname von West) erzielten die Herzogenauracher zeitweise über 1 Mrd. $ pro Jahr. Nachdem West erneut mit seiner rassistischen und antisemitischen Haltung Schlagzeilen machte und verkündete, ADIDAS könne ihn nicht fallenlassen, zog der Sportartikelhersteller endlich die Reißleine. Zuvor sperrten bereits Instagram und Twitter die Konten des Rapper, Luxushersteller Balenciaga beendete die Zusammenarbeit und JPMorgan Chase kündigte die Konten. Wests Eskapaden sind keine Überraschung: Seine Karriere ist gespickt mit kontroversen Auftritten und Aussagen.

Was lernen wir daraus?

Kooperationen können enorm lukrativ für Marken sein – jedoch auch enorm gefährlich. Insbesondere Kooperationen mit Persönlichkeiten können schnell dazu führen, dass die Merkmale der Person mit der Marke verbunden werden. Oftmals sollen Kooperationen die Bekanntheit einer Marke um jeden Preis pushen. Dabei wird jedoch häufig vergessen, dass Attraktivität die wertvollere Währung ist. Eine bekannte Marke, die keiner möchte, ist wertlos. Eine hoch-attraktive Marke in der Nische hingegen kann äußerst erfolgreich sein. Als Bonus werden attraktive Marken weiterempfohlen, was automatisch Bekanntheit generiert. Wenn Sie sich also Gedanken über Kooperationen machen, achten Sie darauf, dass Sie Partner auf Basis übereinstimmender Werte und einem thematischen Fit auswählen – nicht bloß auf Basis der Bekanntheit. So bauen Sie langfristig Attraktivität für Ihre Marke auf und vermeiden Shitstorms.

4. Was uns Messis Triumph lehrt: Die Macht des gemeinsamen Kernzwecks

Wie enorm verbindend ein gemeinsamer Kernzweck sein kann, bewies kürzlich die argentinische Nationalmannschaft um Kapitän Lionel Messi. Trotz Auftaktniederlage gegen Saudi-Arabien hörte die Mannschaft nicht auf, an die gemeinsame Mission zu glauben: Ihrem Nationalhelden zum krönenden WM-Titel zu verhelfen. Ein Kraftakt nicht nur für den 7-Maligen Ballon D’Or Gewinner Messi gegen ein Frankreich, dessen Kader auf dem Papier fast 400 Mio. € wertvoller war.

Was lernen wir daraus?

Was im Fußball funktioniert, klappt auch für Marken in der Wirtschaft. Wir müssen uns bewusst machen, welche Kraft ein gemeinsamer Auftrag in Form eines klar formulierten Kernzwecks (Purpose) entfachen kann. Wirksamer als jeder Bonus und jeder Benefit kann die Antwort auf die Frage „Wozu braucht es uns?“ sein. Der Kernzweck sollte heute für jede Marke ein unverzichtbarer Baustein der Markenidentität sein. Dabei ist es egal, ob ihr Unternehmen Schrauben herstellt oder Steuerberatung macht. Wer Identifikation ernten will, muss Sinn sähen.

5. Von Patagonia lernen heißt mehr Radikalität wagen

Patagonia gilt schon lange als Musterbeispiel für die Verbindung von Nachhaltigkeit und Unternehmenserfolg. In diesem Jahr hat Firmengründer Yvon Chouinard weitaus mehr gewagt, als die allseits bekannte Anzeige von 2011 mit „Don’t buy this jacket“ oder die Entscheidung im Jahr 1996, nur noch mit Bio-Baumwolle zu produzieren: Er hat Patagonia an eine gemeinnützige Stiftung übertragen. Alle Gewinne, die nicht in das Unternehmen reinvestiert werden, gehen im Kampf gegen den Klimawandel an diese. Wir sind sicher, dass dieser Schritt die Attraktivität der Marke in neue Höhen befördern wird.

Man könnte auch behaupten, Patagonia ist genau wegen ihrer radikalen Aktionen so erfolgreich. Wo wir beim Ursprung des Wortes Radikalität angelangt wären. Das Wort stammt vom lateinischen Wort Radix und bedeutet übersetzt Wurzel. Wer etwas radikal anpackt, widmet sich einem Problem also an der Wurzel. Im allgemeinen Sprachgebrauch jedoch ist das Adjektiv radikal fast ausschließlich negativ konnotiert. Von der „Radikalisierung“ ganz zu schweigen.

Was lernen wir daraus?

Vielleicht brauchen wir mehr Radikalität in Organisationen und unserem Leben, also mehr Menschen, die Probleme an der Wurzel packen und die Strategien konsequent zu Ende führen. Genau diese Konsequenz, diese positive Radikalität, sehen wir bei Patagonia.

Keine Sorge, Sie müssen Ihre Marke nicht an eine Stiftung übergeben. Doch Chouinard lehrt uns eins: Engagement ist nur wirklich glaubwürdig, wenn es auch etwas kostet. Wenn es den Anschein erweckt, dass Ihr Engagement nur dem Zweck der Gewinnmaximierung dient, werden es Ihre Kunden schnell merken und abstrafen. Springen Sie also nicht auf den „1 Baum pro Kasten“ – Zug auf. Denn am Ende muss Ihre Marke nicht die Welt retten.

Identifizieren Sie ein gemeinnütziges Thema, dass zur Identität Ihrer Marke passt, und ziehen Sie es durch. Egal ob Sie als Reisemarke jedes Jahr ausgewählte Strände auf Mallorca säubern oder als Hersteller von Schreibwaren eine Schule in Kenia unterstützen. Das Wichtigste: Sie und Ihre Mitarbeiter müssen voll dahinterstehen. Dann werden Ihre Kunden das Engagement wertschätzen und sich stärker an Ihre Marke binden.

Die stärkste Marke liegt in dir selbst. Deshalb bleibt unser Fazit 2022 das gleiche wie 2021:

Identität entwickeln. Attraktivität spüren.

Bildquellen:

Sergei Elagin/Shutterstock.com
Markus Winkler/Pexels.com
Moma okgo/Shutterstock.com
Papai/Shutterstock.com
Sander van der Werf/Shutterstock.com

Zu den 5 unverwechselbaren Markenlehren des Jahres 2021

Markenlehren_2020

Zu den 7 unverwechselbaren Markenlehren des Jahres 2020

Marke für Personen

MarkenPraxis Blog

Mehrere Kulturen in einer Markenidentität vereinen

Mehrere Kulturen in einer Markenidentität vereinen

Eine verbindende DNA entwickeln und etablieren – das stellt insbesondere in global agierenden Organisationen eine komplexe Herausforderung dar. Wir zeigen am Beispiel unseres Kunden hep, wie es gelingt, verschiedene Kulturen unter einer Marke zu bündeln.

Your journey to a distinctive brand starts here

CR7 vs. UEFA: Was passiert, wenn starke Marken aufeinanderprallen

CR7 vs. UEFA: Was passiert, wenn starke Marken aufeinanderprallen

Allianz Arena

Weltstar Cristiano Ronaldo sorgte während der EM nicht nur dank seiner Tore für Aufsehen, sondern vor allem, nachdem er auf einer Pressekonferenz Coca-Cola-Flaschen verschmähte und zum Wasser trinken aufrief. Weitere Spieler anderer Vereine taten es ihm gleich und verbannten, entsprechend der eigenen Gesinnung, Coca-Cola und alkoholfreies Heineken-Bier. Die UEFA zeigte für religiöse Gründe Verständnis. Gegenüber den Verbänden drohte sie gleichwohl Geldstrafen an, falls die Aktionen weitere Nachahmer finden sollten. Im Gespräch mit watson erklärt Christopher Spall, warum Fußballer immer mehr Wert auf ihre Wirkung in der Öffentlichkeit legen.

Christopher Spall im Interview mit watson / 25. Juni 2021

Herr Spall, vor noch wenigen Jahren war es normal, dass die deutsche Nationalmannschaft für Produkte wie Nutella, Chips und Cola Werbung gemacht hat. Heute äußern sich die Spieler vor allem zu gesellschaftlichen Themen. Wie kam es zu diesem radikalen Wandel?

Ich glaube, dass wir einen gewissen Wertewandel sehen, der von den Megatrends Gesundheit und Nachhaltigkeit gepusht wird. Und dadurch wird unser Verständnis als Gesellschaft verändert. Aber das heißt nicht, dass es ab heute oder morgen plötzlich für alle wichtig ist.

(…)

Was haben diese Megatrends aktuell für Auswirkungen?

Das Thema gesunde Ernährung durchläuft gerade einen langfristigen Wandel, bei dem einfach das Bewusstsein dafür immer stärker wird. Große Marken haben aktuell das Problem, dass sie noch die alten Rollenbilder bedienen. Daher wird es für Fußballer, die sich ja auch als Marke definieren, immer schwerer, sich mit einer anderen Marke einzulassen. Es gibt ständig die Angst vor dem nächsten Shitstorm.

Ronaldo hat auf Basis seiner eigenen Identität Haltung gezeigt. Das ist der Grundstein für eine glaubwürdige Marke.

Cristiano Ronaldo ließ sich 2008 noch auf einen Werbedeal mit Coca-Cola ein. Nun bei der Europameisterschaft schob er die Flaschen demonstrativ weg und machte deutlich, dass Wasser gesünder ist.

Das hat einfach mit dem persönlichen Reifungsprozess zu tun. Er ist langsam am Ende seiner Karriere und steht mittlerweile für eine gesunde Ernährung und einen unbedingten Leistungswillen. Was er gemacht hat, war eigentlich absolut vorbildlich. Er hat auf Basis seiner eigenen Identität Haltung gezeigt. Das ist der Grundstein für eine glaubwürdige Marke.

(…)

Wie sehr darf man als Spieler seine persönlichen Interessen als Marke über die Interessen der  UEFA als Ausrichter des Turniers stellen?

In diesem Fall prallen einfach die Interessen zweier Marken aufeinander. Einmal die Interessen der Persönlichkeit Cristiano Ronaldo mit seiner Vorbildwirkung und seinem starken Identitätsbewusstsein und auf der anderen Seite die Interessen des Verbands UEFA, die von den Sponsoren viel Geld bekommen.

Die Spieler sind mittlerweile eine eigene Marke.

Also ein Konflikt, der nicht aufzulösen ist?

Genau. Und da muss sich die UEFA überlegen, wie sie die Interessen der Spieler mit den eigenen Marken in Zukunft vereinbart. Wir leben in einer Welt, in der ich Menschen nicht mehr vorschreiben kann, welche Marken sie sich auf das Trikot drucken. Die Spieler sind mittlerweile eine eigene Marke und können sich nicht mit jedem Sponsor identifizieren. Dadurch entstehe eine Aktion wie bei Ronaldo und der Cola-Flasche.

Also hat sich in den vergangenen Jahren ein neuer Typ Fußballer entwickelt, der sich nicht nur für seine Playstation und Karten spielen interessiert, sondern sich seiner Außenwirkung bewusst ist.

Richtig. Heute liegt die Erwartung eben nicht nur darin, dass dieser Mensch vernünftig Fußball spielt, sondern außerhalb des Platzes Verantwortung übernimmt. Er soll Haltung zeigen und sich zu gewissen gesellschaftlichen Themen äußern.

Die entscheidende Fähigkeit in unserer sehr sensiblen und aufgeregten Öffentlichkeit ist, dass man klar weiß:
Was macht mich aus und was wird von mir erwartet?

Haben es die sozialen Medien einfacher gemacht, eine gewisse Haltung zu zeigen?

Es ist ein enormer Hebel, um der eigenen Haltung Ausdruck zu verleihen. Das ist erstmal eine Chance. Gleichzeitig setzt es die Sportler auch enorm unter Druck, sich zu jedem kleinen Thema zu äußern, das mit ihrem Kerngeschäft nix zu tun hat. Nicht jeder Mensch hat von sich aus dieses Sendungsbewusstsein und sagt: ‚Hey, ich suche mir meine Haltung in einem gewissen Thema und äußere diese auch öffentlich.

Wozu führt das? 

Dass sich viele Sportler aufs Glatteis begeben und irgendwelche Experimente in den Sozialen Medien machen. Die wenigsten haben so einen klaren Kompass wie Cristiano Ronaldo und wissen, wofür sie stehen. Die entscheidende Fähigkeit in unserer sehr sensiblen und aufgeregten Öffentlichkeit ist, dass man klar weiß: Was macht mich aus und was wird von mir erwartet?

(…)

Spieler wie die Nationalspieler Leon Goretzka oder Joshua Kimmich sind für ihre klare Haltung in gesellschaftlichen Fragen bekannt. Fürchten große Marken die Zusammenarbeit mit haltungsstarken Fußballern? Vielleicht auch aus Angst, dass sie gewisse Leute verprellen können.

Deshalb sprechen wir heute von einer Co-kreativen Markenführung. Eine Marke allein kann sich gar nicht mehr steuern, weil sie auf die Themen in den sozialen Medien keinen Einfluss nehmen, sondern maximal reagieren kann. Keine Marke, egal ob Unternehmen oder Spieler, hat seine Reputation zu 100 Prozent selbst in der Hand. Da braucht es eine klar Markenidentität, es muss klar sein, welche Werte man verfolgt und für welche Themen man sich einsetzt. Zudem braucht es eine Dialogfähigkeit bei schwierigen Themen.

Jede Marke muss sich im Vorhinein bewusst sein: Alles, was ich sage, kann und wird politisch interpretiert.

Die Debatte um die regenbogenfarbene Münchner Allianz-Arena war groß. Das DFB-Team und auch der ungarische Torwart Petr Gulacsi haben die klar geforderte Haltung gezeigt. Müssen wir uns daher von der Aussage „Sport und Politik sollten nicht vermischt werden“ trennen?

Jede Art der Kommunikation ist heute politisiert. Es gibt nichts mehr, was nicht politisch interpretiert ist. Jede Marke muss sich im Vorhinein bewusst sein: Alles, was ich sage, kann und wird politisch interpretiert.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Was Social Media betrifft, kommuniziert unsere Gesellschaft derzeit noch wie ein Jugendlicher und denkt nicht wirklich über die Konsequenzen nach. Ich glaube, wenn wir es schaffen, einen erwachseneren Umgang mit Social Media zu haben, werden wir bewusster und verantwortungsvoller kommunizieren und nicht mehr einfach mit dem Megaphon in den Wald schreien.

Das Interview führte Lukas Grybowski.

Bildquelle: watson

Hier zum vollständigen Artikel auf watson.de

Watson

Eintauchen in ID Nachhaltigkeitsmarke

ID Nachhaltigkeitsstrategie

Presseartikel

Wie die Transformation von Traditionsmarken gelingt

Wie die Transformation von Traditionsmarken gelingt

Traditionsmarken stehen unter großem Druck. Manche werden zwischen neuen Trendmarken auf der einen und Spar-Diktat auf der anderen Seite zerquetscht. Wie schaffen es Hersteller und Marken, für neue Kundengenerationen relevant zu bleiben?

Your journey to a distinctive brand starts here

Consent Management Platform von Real Cookie Banner