Interview mit Jonas Getty Chaffee, Vordenker und Betreiber der Eco-Lodge „Monteverde Inn“ in Costa Rica

Interview mit Jonas Getty Chaffee, Vordenker und Betreiber der Eco-Lodge „Monteverde Inn“ in Costa Rica

Eco-Lodge

Zur Person

Jonas Getty Chaffee wurde 1974 als Sohn zweier Hippies in den USA geboren. Er wuchs naturverbunden – ohne fließend Wasser oder Strom – auf und bekam schon frĂŒh nachhaltige Techniken fĂŒr ein ressourcenschonendes Leben vermittelt. Chaffee war Krankenpfleger, bevor er nach Costa Rica auswanderte, dort seine Frau kennenlernte und sein Geld als KindergĂ€rtner verdiente. Im Jahr 2014 entschied er sich, ein Hotel im Sinne seiner Erziehung zu eröffnen: Das Monteverde Inn, benannt nach dem angrenzenden Monteverde Nationalpark. Hier arbeitet er tagtĂ€glich an der Nachhaltigkeit seines Hotels, unterrichtet GĂ€ste ĂŒber Techniken fĂŒr ein nachhaltiges Leben und gibt Workshops zum Thema „Permaculture“.

Jeder noch so kleine Schritt ist besser als keiner 

Das Interview mit Jonas Getty Chaffee fĂŒhrte Christopher Spall.

Jonas Getty Chaffee

Wie wĂŒrden Sie beschreiben, was Sie hier tun?

Der Tourismus des Monteverde Nationalparks ist die Voraussetzung fĂŒr den Betrieb unseres Hotels mit 19 Zimmern und einem kleinen CafĂ©. Außerdem bieten wir eine Nachttour an und veranstalten Permaculture-Projekte.
Wir nutzen das Hotel als Grundlage, um nachhaltigere Praktiken zu verbreiten. Jeden Monat checken ca. 1.200 GĂ€ste ein und aus und jeder Gast erhĂ€lt eine kleine EinfĂŒhrung in das Thema Permaculture. Bisher haben wir rund 23.000 Menschen ĂŒber Permaculture unterrichtet. In der Regel kommen die GĂ€ste nicht deswegen hierher, aber bis zu ihrer Abreise haben sie alle davon gehört.

Woher kam die Idee eines Hotels, welches nachhaltiges und ökologisches Leben bewirbt und vorantreibt?

Ich habe in diversen alternativen Gemeinschaften gelebt. Einige davon werden Ashrams genannt. Das sind spirituelle Orte, an denen die Mitglieder verschiedene Philosophien lebten. Ein Problem war jedoch immer, dass eine wirtschaftliche Grundlage gefehlt hat, die fĂŒr finanzielle StabilitĂ€t sorgt.

Als ich beschloss, in Costa Rica zu leben, suchte ich nach einer Möglichkeit, finanziell abgesichert zu sein und gleichzeitig Verantwortung fĂŒr meine Existenz zu ĂŒbernehmen

Woran haben Sie sich orientiert?

Mir wurde schnell klar, dass ich, wie so viele Einwanderer, in der starken Tourismusbranche arbeiten will. Ich suchte mir den Monteverde Nationalpark aus, weil das Klima sehr Ă€hnlich wie das in meiner Heimat ist. Außerdem ist die Art von Touristen, die typischerweise hierherkommt, an BiodiversitĂ€t und Umweltschutz interessiert – also ein leicht erreichbares Publikum fĂŒr nachhaltige Praktiken, die den ökologischen Fußabdruck verringern.

Sie sind also nicht daran interessiert, Ihre Ideen selbst in die ganze Welt hinausschreien, sondern wollen mit den richtigen Menschen in Kontakt treten, die die Idee per Mundpropaganda weitergeben?

Ich sehe uns hier als kleines Mikrophon. So wie Sie aus Bayern hierhergekommen sind, haben wir GĂ€ste aus der ganzen Welt und die allermeisten sind daran interessiert, ĂŒber nachhaltige Praktiken zu reden. So wird unser kleines Mikrophon zu einer lauten Stimme.

Selbst wenn nur ein Prozent unserer bisher 23.000 GĂ€ste zuhause nach Wegen suchen wĂŒrde, die Umwelt zu schĂŒtzen und seinen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, wĂ€re das fĂŒr uns bereits ein Erfolg

Sie haben den Begriff Permaculture erwÀhnt. Könnten Sie diesen und die Idee dahinter erklÀren?

Permaculture ist ein Design-System, welches man fĂŒr soziale Strukturen, Gemeinschaften oder auch fĂŒr den Haus- und Gartenbau nutzen kann. Durch die Umsetzung der 12 Prinzipien von Permaculture kann CO2-NeutralitĂ€t oder sogar eine Naturregeneration erzielt werden.

Wie ist die Idee entstanden?

Permaculture wurde in den spÀten 1970er Jahren in Australien, von einem Studenten namens David Holmgren und seinem Professor Bill Mollison entworfen. Die beiden waren stark von der Kultur und Lebensweise der Aboriginies beeinflusst, wobei deren Gemeinschaft ohne Technologie gedeiht.
Dieses uralte Wissen wollten sie nutzen, modernisieren und in das 21. Jahrhundert bringen.

Permacultur

“Permakultur ist ein kreativer Gestaltungsansatz, der auf eine Welt schwindender Energie- und RessourcenverfĂŒgbarkeit reagiert.”, so David Holmgren.

Bill Mollison und David Holmgren entwickelten das ursprĂŒngliche Konzept der Permakultur in den 1970er Jahren in Australien. Bill Mollison erhielt 1981 dafĂŒr den Alternativen Nobelpreis (Right Livelihood Award). Die beiden suchten mit wissenschaftlichen Mitteln nach AnsĂ€tzen fĂŒr eine zukunftsfĂ€hige Landwirtschaft. Die industrielle Landwirtschaft zerstört Böden und schĂ€digt Wasserhaushalt und Artenvielfalt. Holmgren und Mollison beobachteten und analysierten weltweit Landnutzungsformen, die im Einklang mit der Natur die Bodenfruchtbarkeit schonten und aufbauten, kaum Abfall erzeugten und die Artenvielfalt erhöhten.  Aus ihren Beobachtungen entstand ein Konzept, die Landwirtschaft nach dem Vorbild natĂŒrlicher Ökosysteme zu gestalten. Als Namen dafĂŒr setzten sie die Begriffe „permanent“ und „agriculture“ zusammen und es entstand der Begriff „Permaculture“.

Heute ist Permakultur eine Gestaltungspraxis, die Lösungen, Werkzeuge und Methoden aus verschiedensten Kulturen und Bereichen zusammentrÀgt und mit konkreten Projekten den Wandel unserer Gesellschaften hin zu Enkeltauglichkeit voranbringt.

 

Drei ethische GrundsÀtze

Drei ethische GrundsÀtze stehen im Zentrum allen permakulturellen Wirkens. Auf ihre Verwirklichung ist jedes Permakultur Projekt ausgerichtet. Sie lauten:

  • Earth Care – Sorge fĂŒr die Erde
  • People Care – Sorge fĂŒr die Menschen
  • Fair Share – Begrenze Konsum und Wachstum, verteile ÜberschĂŒsse

Quelle: www.permakultur.de

Design Prinzipien

  1. Beobachte & Interagiere
  2. Sammle & speichere Energie
  3. Erziele eine Ernte
  4. Nutze Selbstregulation & akzeptiere Feedback
  5. Nutze & schÀtze erneuerbare Energien und Dienstleistungen
  6. Produziere keinen Abfall
  7. Entwirf vom Muster hin zum Detail
  8. Integriere eher, als zu trennen
  9. Nutze kleine und langsame Lösungen
  10. Nutze & schÀtze die Vielfalt
  11. Nutze Randzonen & schÀtze das Marginale
  12. Nutze VerÀnderung & begegne ihr mit Einfallsreichtum
Permaculture

WĂŒrden Sie sagen, dass Sie mit Ihrem Hotel eine nachhaltige Marke geschaffen haben?

Ich hoffe, dass unser Einfluss Lebensstrukturen auf der ganzen Welt unterstĂŒtzt. Wir leben in einer Welt des Kapitalismus und weltweiten Tourismus. Das setzt voraus, Kompromisse einzugehen und eine Entscheidung zu treffen: Wie lokal kann eingekauft werden? Wie lokal kann Material bezogen werden? Wieviel kann vor Ort produziert werden? Ich bin ĂŒberzeugt, dass unser ökologischer Fußabdruck als Hotel dadurch ausgeglichen wird, dass GĂ€ste nach ihrem Besuch ihren eigenen Fußabdruck reduzieren. Ein kleines Beispiel: Alle Pappe, die wir durch Lieferungen erhalten, nutzen wir beispielsweise fĂŒr unseren Wurm-Kompost.

Der Konsument kann sich immer fĂŒr das Produkt entscheiden, welches den geringsten negativen Einfluss auf die Natur hat und Dinge weiterverwenden

Viele Unternehmen in Europa fragen sich momentan, wie nachhaltig sie sind, wie nachhaltig sie sein wollen und wie sie das ihren Kunden vermitteln sollen. Sie sagten, dass Nachhaltigkeit immer ein Kompromiss sei. Es werden niemals 100 % erreicht. Welchen Rat wĂŒrden Sie diesen Unternehmen geben, um ihre BemĂŒhungen zur Nachhaltigkeit nach außen zu kommunizieren?

Es kommt auf das Publikum an. Über Nachhaltigkeit zu reden ist ein guter Anfang, um erstmal kleine und einfache Schritte zu unternehmen. Viele Menschen sind entmutigt, weil sie denken, dass sie nichts bewirken können.

Jeder kann jedoch beeinflussen wie das eigene Leben gelebt wird, wie konsumiert wird und wie in der Gemeinschaft kommuniziert wird. Wenn man als Vorbild vorangeht, dann werden andere folgen

Wie könnte das konkret aussehen?

Unternehmen können mit einfachen Dingen beginnen. Ein Beispiel wĂ€ren spezielle MĂŒlltonnen, in die nur MĂŒll gehört, der nicht recycelt werden kann. Diese könnte man im Eingangsbereich jedes Unternehmens aufstellen. Ich glaube, dass viele Menschen die Welt gerne zu einem besseren Ort machen wĂŒrden, aber nicht die Möglichkeit dazu geboten bekommen. Außerdem können Unternehmen Partnerschaften mit sozialen Organisationen anstreben. Wir stellen beispielsweise GewĂ€chshĂ€user fĂŒr KindergĂ€rten her, um den Kindern ein GefĂŒhl dafĂŒr zu vermitteln, wo GemĂŒse wirklich herkommt. Viele unserer GĂ€ste möchten ihren Beitrag zu unseren BemĂŒhungen leisten und unterstĂŒtzen uns mit Spenden. Selbst wenn man als Unternehmen nicht viel fĂŒr Nachhaltigkeit leisten kann, gibt es immer noch die Möglichkeit, Kooperationen mit sozialen Organisationen anzustreben.

Es geht also darum, einen Anfang zu setzen und kleine Schritte zu machen?

Es geht darum, global darĂŒber nachzudenken, wie wir diese Welt schĂŒtzen können, aber bei sich selbst lokal zu beginnen: Sich darĂŒber bewusst zu werden, wie man konsumiert und kleine, lokale Unternehmen zu unterstĂŒtzen.

Selbst ein kleiner Schritt ist immer ein Schritt in die richtige Richtung.

Viele Marken kommunizieren ihre nachhaltigen Aktionen nicht, weil sie befĂŒrchten, dass ihnen nicht geglaubt wird und sie des Greenwashings bezichtigt werden. Wie wĂŒrden Sie damit umgehen?

Transparenz ist der Haupttreiber von VerÀnderung

Ist ein Unternehmen noch nicht so nachhaltig, wie es gerne sein wĂŒrde, muss daran Schritt fĂŒr Schritt gearbeitet werden. Unser Hotel ist nicht 100 % nachhaltig, aber unsere Duschen werden beispielsweise zu 100 % durch Solarenergie beheizt. Ich weiß, dass wir niemals 100 % CO2 neutral sein werden, nichtsdestotrotz arbeiten wir jeden Tag darauf hin. Die BemĂŒhungen sind real und das kann gezeigt und somit geglaubt werden. Es können von heute auf morgen keine ganzen Industrien verĂ€ndert werden, aber jeder kann sein Bestes geben und dabei transparent sein. Ich kann mich mit jeder Entscheidung mehr und mehr der Nachhaltigkeit verschreiben.

Unternehmer können also kommunizieren, dass sie sich auf dem richtigen Weg befinden. Dass sie nicht perfekt sind, aber ihr Bestes geben?

Ja, es ist am wichtigsten, vollkommen transparent zu sein und niemals etwas zu behaupten, das nicht wahr ist. Daneben ist es wichtig, bewusste Entscheidungen zu treffen, wie sich beispielsweise gegen einen Lieferanten zu entscheiden, der Greenwashing betreibt.

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Von der Schuhmacherin zur starken Marke: „Schuh-WunscherfĂŒllerin“ Kirstin Hennemann

Von der Schuhmacherin zur starken Marke: „Schuh-WunscherfĂŒllerin“ Kirstin Hennemann

Starke Marke Kirstin Hennemann

Zur Person

Kirstin Hennemann hat die Entwicklungsarbeit fĂŒr ihre Marke 2015 abgeschlossen. Seitdem ist sie mit ihrer Berliner Maßschuhmacherei in grĂ¶ĂŸere RĂ€ume umgezogen. Die vertraute AtmosphĂ€re des alten Ladens hat sie zum GlĂŒck zum Prenzlauer Berg mitgenommen. Nach mehreren Fernsehauftritten und MedienprĂ€senzen gingen ihre Schuhe 2018 zum ersten Mal auf Welttournee. Im Interview verrĂ€t sie, wie sie konkret mit ihrer Marke in der Praxis arbeitet und was ihr die Markenpositionierung als Persönlichkeit unter dem Strich gebracht hat.

Ich glaube, ich setze seitdem viel bewusster das ein, was mich und meine Maßschuhmacherei ausmacht.

Kirstin Hennemann

Sie haben Ihre Persönlichkeitsmarke im Jahr 2015 definiert. Was haben Sie damit gemacht?

Die Frage ist doch: Was hat es mit mir gemacht? Ich glaube, ich setze seitdem viel bewusster das ein, was mich und meine Maßschuhmacherei ausmacht. Wenn ich mir die LeitsĂ€tze heute anschaue, die wir gemeinsam entwickelt haben, denke ich manchmal schon noch: „Bist du das wirklich?“ Aber im nĂ€chsten Moment wird mir klar, dass ich zu meinen StĂ€rken stehen kann. Ja, das bin ich.

Sie sehen sich als DIE Schuh-WunscherfĂŒllerin. Wie leben Sie das eigentlich?

Ich bleibe experimentierfreudig. Und ich versuche, Entscheidungen im Sinne meines Kunden zu treffen, auch ĂŒber meine eigenen ideologischen Grenzen hinweg. Ich trage zum Beispiel keine Pumps, aber wenn das jemand will, warum nicht?

Ich ĂŒberlege bei allen Entscheidungen: Passt das zu mir?

Ich versuche – vielleicht im Gegensatz zu anderen Schuhmachern – weniger das Traditionelle zu betonen. Ich glaube, dass der IndividualitĂ€t keine Grenzen gesetzt sein sollten.

Wie nutzen Sie Ihre Marke fĂŒr den Außenauftritt?

Ich habe den Internetauftritt komplett geĂ€ndert. Dabei sind fĂŒr mich die Leitlinien, die aus meiner IdentitĂ€t heraus entstanden sind, eine große Hilfe. Man prĂ€sentiert sich ja stĂ€ndig irgendwie irgendwo.

Vor Auftritten im Fernsehen habe ich mir meine Marke und die einzelnen Bausteine vorher noch einmal kurz angesehen. DafĂŒr ist es ja total gut, eine klare Ausrichtung zu haben

Wenn ich die Maßschuhmacherin prĂ€sentiere, verwende ich jetzt immer den Leitspruch: „EinzelstĂŒcke handmade in Berlin“. Und ich trage mein Markenzeichen, den Hahn, jetzt auch viel selbstbewusster nach außen. Er ist in jedem Schuh eingenĂ€ht. Es kamen sogar schon Kunden, die gefragt haben, ob sie den Hahn auch außen am Schuh haben könnten.

Was hat Ihnen die professionelle Markenentwicklung konkret gebracht?

Das war sehr klĂ€rend fĂŒr mich.

Ich glaube, ich traue mich mehr. Unsere Preise haben wir deutlich erhöht. Wir können seitdem einfach den Wert besser rĂŒberbringen. Ich finde es gut, dass ich das gemacht habe. Sonst hĂ€tte ich das so nicht hingekriegt.

Welchen Rat wĂŒrden Sie jemandem mit auf den Weg geben, der ebenfalls auf authentischem Wege zur Marke werden will?

Es braucht jemanden, der einem den Spiegel vorhĂ€lt. Wenn man es sich irgendwie leisten kann, sollte man sich UnterstĂŒtzung holen. Und wenn nicht, dann trotzdem. Und er oder sie sollte auf dem Weg zur Marke auf jeden Fall gute Schuhe tragen.

Das Interview mit Kirstin Hennemann fĂŒhrte Christopher Spall.

Die ausfĂŒhrliche Entwicklungsgeschichte von Kirstin Hennemann finden Sie im Buch „Personal Branding – Was Menschen zu starken Marken macht“ von Christopher Spall.

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